Die Hürden einer muslimischen Ärztin

Wie ist es so als Hijabi im Krankenhaus? Oft erhalte ich folgende Frage: “Wie reagieren Mitarbeiter:innen und Patient:innen auf dich?” Ich kann von meinen Erfahrungen als ehemalige Krankenschwester und jetzige Medizinerin folgendes sagen: Im Großen und Ganzen erlebe ich alltäglich eher positive Erfahrungen. Und ich kann einen Tipp geben: Wenn du dich nach außen hin selbstbewusst zeigst, fachlich kompetent bist, dich absolut mit deinem Hijab identifizierst, hinter deiner Religion stehst – egal, was die Leute sagen oder denken – dann bist Du nicht verwundbar. Wenn DU es nicht als Problem siehst, wird es ein anderer auch nicht tun! Wenn du auch noch eine:n Arbeitgeber:in hast, der/die dir mit deinem Hijab zur Seite steht, dann trauen sich negativ gestimmte Personen häufig nicht, etwas dir gegenüber zu sagen. Oft steckt auch einfach Unerfahrenheit mit Muslim:innen dahinter, und mit der Zeit haben mir viele einfach von selbst gesagt: „Wir haben Sie ganz anders eingeschätzt!“ oder „Sie sind eine ganz andere Muslima“. Dabei habe ich oft betont, dass die Mehrheit so ist wie ich, aber leider bekommen viele durch die Medien und das Benehmen einiger Muslim:innen ein anderes Bild. Man muss beiden Seiten eine Chance geben, sich kennenzulernen. Deshalb liebe ich meine Position in einer öffentlichen Einrichtung und wünsche mir gerade von muslimischen Frauen: Eignet euch Berufe an, bei denen ihr ständig mit den Menschen in gutem und engem Kontakt steht, denn das schafft Verständnis und Sinneswandel ❤ Natürlich merke ich, dass immer noch viele Menschen anders zu mir sind, wenig mit mir sprechen oder mich gar nicht erst begrüßen. Denen versuche ich aber keinen Gedanken zu schenken. Häufig verschwindet meine Traurigkeit am nächsten Tag.



Die Hürden einer muslimischen Ärztin 

Häufig wird mir die Frage gestellt: Wie wirst du von der Mehrheitsgesellschaft behandelt? Hast du rassistische Erfahrung gemacht? Es gab leider immer wieder Momente, die nicht schön waren – dennoch habe ich überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Um ehrlich zu sein, machen mich aber das Verhalten und die Aussagen einiger muslimischer Mitmenschen sehr traurig. Solche Vorwürfe muss ich mir z.B. anhören: 

❗❗ Was bist du für eine Muslima, die die Schulmedizin befürwortet?
❗❗ Eine muslimische Frau soll sich nicht in die Öffentlichkeit stellen!
❗❗ Schwester, das ist haram, was du machst…
❗❗ Wie kannst du nur…
❗❗ Von DIR hätte ich das nicht erwartet…
❗❗ Warum lügst du…
❗❗ Ergötze dich an deinem Doktortitel

usw.

Das sind einige Aussagen von vielen, die ich mittlerweile verdrängt habe. Das hätte ich von meinen muslimischen Mitmenschen nicht erwartet. Vor drei Jahren habe ich voller Enthusiasmus diesen Kanal eröffnet. Meine erste Intention war es, verlässliche Informationen zu Medizin und Islam vor allem der muslimischen Community anzubieten. Lediglich auf dem Wege Gottes. Vor allem, um zu zeigen, wie wichtig die Schulmedizin ist und sie keinen Widerspruch zur traditionellen Medizin darstellt, und dass muslimische Wissenschaftler:innen maßgeblich an der Schulmedizin beteiligt waren und sind. Meine Beiträge werden aber von vielen „muslimischen“ Seiten nicht geteilt. Stattdessen sehe ich oft Beiträge von Ärzt:innen, die Verschwörungstheorien befürworten. 

Deine muslimische Schwester ist voller Hürden diesen Weg gegangen, um eine muslimische Ärztin und Wissenschaftlerin zu sein. Das ist der Dank einiger Geschwister. Interessanterweise möchten aber diese Personen, wenn es darauf ankommt, von muslimischen Ärzten behandelt werden. Ich verstehe die Logik nicht. 

Der Gläubige wird es immer schwer haben, das ist mir noch einmal klar geworden. Aber alle negativen Erfahrungen, egal von welcher Seite sie kommen, haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Elhamdulillah. Ich werde weiter diese Tätigkeit für Allah ausüben. Für alle Menschen! Ich bin niemals nachtragend, jeder ist herzlich eingeladen auf meiner Seite zu stöbern und ggf. meine Beiträge zu teilen❤