Im ersten Jahr als Assistenzärztin – Eine Empfehlung für werdende Ärzt:innen

Man macht sich gerade vor dem ersten Tag viele Gedanken, ob man wirklich so viel Verantwortung tragen kann. Man gerät in Panik, wälzt in Büchern herum, um alles noch einmal aufzufrischen. Aber im Grunde genommen hat man es drauf. Man wird durch das lange Studium, die Praktika und letztendlich im Praktischen Jahr darauf vorbereitet.

Man muss aus meiner Sicht nicht sofort nach dem Studium beginnen. Ich habe Personen beobachtet, die eine Woche nach dem Staatsexamen gleich begonnen hatten und es nicht richtig genießen konnten. Ich empfehle den kommenden Ärzt:innen, erst einmal ihr Studium in Ruhe zu beenden und dann eine Pause einzulegen, ehe man sich bewirbt, es sei denn es geht um ein sehr begehrtes und gleichzeitig begrenztes Fach wie z.B. Dermatologie oder Augenheilkunde. Letztendlich kann man auch nach mehreren Jahren beginnen oder die Zeit für die Promotion nutzen.

Ich persönlich habe erst nach vier Monaten begonnen und habe es auch nicht bereut. Das hat mir ganz gut getan. Und nach vier Monaten hat man nichts vergessen. Kurz vorher bin ich ein paar wichtige Themen im Bereich der Inneren Medizin durchgegangen. Das meiste aber lernt man durch „Learning by Doing“. In meiner ersten Woche auf Station hatte ich gleich einen Sterbefall, was ich so nicht erwartet hatte. Bei solchen Gesprächen, gerade wenn ihr nicht geübt seid, bittet euren Oberarzt/Oberärztin dabei zu sein. Auch im Praktischen Jahr sollte man versuchen, immer bei Angehörigengesprächen dabei sein.

Wenn man seinen ersten Dienst hat oder das erste Mal in der Notaufnahme ist, merkt euch eins: Meist sind es Fälle, die absolut machbar sind. Klar gibt es einige wirklich akute Notfälle dazwischen, aber hier kann man erfahrene Kolleg:innen oder den/die Oberärzt:in hinzuholen oder anrufen. Die wissen, dass ihr nicht alles beherrschen könnt. Ich habe persönlich am Anfang sehr viel gefragt, was einige Oberärzt:innen und meinen ehemaligen Chefarzt sehr genervt hat. Aber später bin ich dadurch sicherer geworden. Irgendwann habe ich loslassen können, mittlerweile stelle ich kaum fragen. Ich lese erst einmal in Büchern nach, ehe ich Fragen stelle. Das Buch „Klinische Notfälle griffbereit“ von Marcel Frimmel (kostenlose Werbung) kann ich euch für die Notaufnahme sehr ans Herz legen. Auch das Buch “EKG für Isabel” fand ich sehr hilfreich (Buch von Hans-Joachim Trappe und Hans-Peter Schuster, unbezahlte Werbung).

Glaubt mir, im ersten Jahr lernt man so viel und ihr saugt alles auf.  Nach gewisser Zeit seid ihr nicht mehr aufgeregt, wenn jemand plötzlich Luftnot bekommt oder Brustschmerzen entwickelt. Aber zu sicher darf man auch nicht sein, denn dann passieren erst recht Fehler. Ich habe an mich selbst die Anforderung, jeden Fall erst zu nehmen, und dank dessen habe ich einigen Patient:innen förmlich das Leben retten können.

Übrigens, wenn ihr euch mit dem Fach unsicher seid, empfehle ich euch Allgemeine Innere Medizin ein Jahr in einem kleinen Krankenhaus zu machen, selbst wenn ihr später eine Spezialisierung in Innere machen wollt (Kardio, Nephro). Denn wenn ihr die Basis-Medizin gut beherrscht, dann könnt ihr mit jedem Fall umgehen. In einem kleineren Krankenhaus bekommt ihr oft alle Krankheitsbilder mit, von Juckreiz bis Brustschmerz oder Bauchschmerz. Innere Medizin kann man in jedem Fach gut gebrauchen. Personen, denen ich dies bisher vorgeschlagen habe, sind mir heute sehr dankbar.

Ein Vorschlag ist auch, sich regelmäßige Reanimationsmechanismen anzusehen, sonst ist man in solchen Fällen wie gelähmt. Meistens ist man zum Glück nicht alleine, und es gibt ein geübtes REA-Team in jedem Krankenhaus. Belegt gerne Refresher-Kurse, wenn eure Klinik es anbietet.

Funktion: Leider wird in den wenigsten Kliniken eine feste Rotation in die Funktionsabteilung (Sono, Gastro, Kolo, Echo) angeboten, auch wenn in den Vorstellungsgesprächen dies oft schöngeredet wird. Ich würde solche Kurse auch erst belegen, wenn ihr wirklich oft Ultraschall geübt habt und dies häufig wieder nutzt. Ich bin einem Kurs gewesen, welcher viele Teilnehmende hatte. In Ruhe Ultraschall dort machen kann man leider nicht. Die Kurse sind an sich gut. Aber noch wichtiger ist, danach eine regelmäßige Praxis zu haben.

Hilfreiche Webseiten oder Apps für den Arzt, die ich regelmäßig nutze: dosing.de, Amboss, Arznei Aktuell, Embryotox, MDCalc, Aerzteblatt, grundkurs-ekg.de (alles unbezahlte Werbung).