Ein spektakulärer Fall

Auf die Frage von euch, was mein spektakulärster Fall war, könnte ich euch so viele spannende Geschichten erzählen. Aber eine Geschichte, wo mir fast selbst das Herz stehengeblieben ist, ist eine Patientin aus meinem Nachtdienst mit einer Aortendissektion. Hierbei kommt es zu einem Riss der Innenschicht der Hauptschlagader. Ein absoluter, eher seltener Notfall – und Albtraum vieler Ärzte.

Ich befragte und untersuchte die Patientin. Als ich dann die Vermutung hatte, hatte ich mir die ganze Zeit eingeredet und gebetet: “Nein Hatun, du irrst dich, das kann nicht sein.” Ich entschloss mich dann doch zu einer Computertomografie und siehe da, es bestätigte sich nicht nur – es kam noch ein ausgeprägter Befund raus: Der Riss ging über die gesamte Aorta, also vom Herz beginnend bis zum Becken! Ich rief in Panik sämtliche herzchirurgische Abteilungen meines Bundeslandes an. Zur Krönung gab es entweder keinen Platz oder die Kollegen standen mit einem anderen Notfall im OP. Eine Zusage erhielt ich dann endlich in der 250 km weiter entfernten Klinik, weshalb sie mit Hubschrauber abgeholt werden musste. Bis sie abgeholt wurde, hatte ich selbst gefühlt zehn Mal einen Herzinfarkt, da sie zunehmend instabiler wurde. Das Gefährliche an dieser Erkrankung ist: wenn alle Schichten der Aorta reißen, ist die Patientin innerhalb von wenigen Sekunden tot, ohne dass man etwas hätte tun können. Stellt euch vor: In so einer kritischen Situation musst du der Patientin nicht nur die Diagnose verkünden, sondern auch erklären, dass sie notfallmäßig operiert werden muss und keinesfalls geschockt werden darf. Der Stress würde hohen Druck erzeugen und den Riss nur weiterhin beschleunigen!

Nachdem sie endlich abgeholt wurde, erhielt ich am nächsten Tag erfreuliche Nachrichten. Die Patientin hat nicht nur überlebt, sondern die OP auch gut überstanden! Dieser Tag war elhamdulillah einer meiner schönsten Tage in der Klinik. Das war wirklich eine Aktion, in der Menschenleben gerettet wurde. Danke Allah für diese Möglichkeit, auch wenn es zu dem Zeitpunkt ein Albtraum für mich war. Es war nicht nur meine Arbeit, sondern eine Zusammenarbeit des Teams (Pflege, Radiologie, Labor, Rettungsdienst…), die das möglich gemacht haben. Deshalb geht ein besonderer Dank an alle Mediziner:innen und Retter:innen da draußen. Das Retten von Menschenleben ist in ihrem Alltag fest verankert und wird nicht genug gewürdigt. Man redet immer gerne, wie schlecht die Medizin doch ist oder über die Fehler, die leider auch passieren können. Dennoch verläuft in der Regel alles gut und sie leistet sehr viel. Ich sage von Herzen Danke ❤

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