Das Krankenhaus – an keinem Ort der Welt erfährt man so ein Zusammenspiel von Emotionen wie Leid, Freude, Trauer, Glück, Wünsche, Gebete, Hilflosigkeit, Frustration, Angst, Einsamkeit, Gemeinsamkeit, Tod und Leben und Wissenschaft in einem. Das macht ihre Geschichten einmalig. Jeden Tag ist eine Herausforderung für alle Seiten – sei es Personal, Patient:innen und Angehörige. Jeder Tag und jede:r Patient:in ist individuell.
Ich bin mittlerweile zwölf Jahre im Krankenhaus tätig, vorher als Pflegekraft und heute als Ärztin.
In all diesen Jahren habe ich persönlich sehr viel an Erfahrung und Menschenkenntnis gewonnen, wofür ich sehr dankbar bin.
Hier möchte ich einige erlebte Geschichten erzählen, die zum Nachdenken bringen, aber euch auch einen Einblick ins Krankenhausleben geben sollen.
#Begegnungen im Krankenhaus
Heute kam sie wieder: Meine krebskranke griechische Patientin im Endstadium. Sie ist mittlerweile fast jeden Monat da. Ich habe sie aber nun lange nicht mehr persönlich gesehen. Dennoch freuen wir uns beide immer, wenn wir uns sehen. Ja, die Griechin freut sich über die Türkin, und anders herum.
Sie strahlte mit ihren letzten Kräften ,als sie mich sah. Obwohl die Anlässe ihrer Besuche immer traurig überschattet waren, versuchte ich sie mit paar lustigen Sprüchen aufzuheitern:
„Frau P., geben Sie es zu, Sie haben mich vermisst – deshalb sind Sie gekommen!“
„Hehe, ja genau, Frau Doktor!“
Wir hielten uns gegenseitig die Hände, sie erzählte mir, wie schlecht es ihr nun täglich ginge, und sie träume in wenigen Tagen nach Griechenland zu fliegen. Sie möchte, dass es ihr bis dahin ein wenig besser geht, damit sie es bis dorthin schafft und Kinder und Enkel:innen sehen kann. “Frau P., Ihnen sollte bewusst sein, dass es Ihr letzter Flug sein kann…”, sagte ich. Sie sagte mir unter Tränen, dass sie es in Kauf nehmen möchte. Ein letztes Mal in die Heimat – ein Traum, den nicht nur sie, sondern auch ich mir für sie wünsche. Ich bete für sie 🤲🏻
Die Griechin und die Türkin. Wir haben nie über Politik gesprochen. Wieso auch? Miteinander beten, füreinander da sein, helfen – egal welcher Nationalität und Religion man angehört – das ist es, was zählt, damit gesundes Zusammenleben funktioniert. Im Quran heißt es: “Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt”. (49:13). Auch sagte der Prophet Muhammad (sas): “Behandle die Menschen mit gutem Charakter!”
Nein, keine Politik der Welt darf Menschlichkeit trennen. Gemeinsamkeiten suchen und erleben: Wir sind Gottes Geschöpfe und unsere Religionen beauftragen uns, Gutes zu tun. Was bringen uns diese ständigen Diskussionen mit unseren Mitmenschen über Politik und die Unterschiede zwischen den Nationalitäten und Religionen? Das fördert nur Rivalität, Boshaftigkeit, Hass und einen schlechten Charakter. Und was bringt es uns dann, wenn wir ins Grab gehen? Nichts. Nichts. Und wieder Nichts.
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