Das Ramadan Fasten mit Medikamenten

Alljährlich kommen Fragen zur Medikamenteneinnahme im Ramadan. Gemeinsam mit der Apothekerin Hilal Isik möchten wir euch über die wichtigsten Punkte in Kenntnis setzen. Wichtig: die Empfehlungen ersetzen keinen Besuch bei einem Arzt/-in oder Apotheker/-in.

Medikamente 1x am Tag:

Für Personen, die 1x am Tag orale Medikamente zu sich nehmen, ist es in der Regel unproblematisch Medikamente vor oder nach dem Fastenbrechen einzunehmen. Ihr solltet aber bei einigen Medikamenten den Abstand zum Essen beachten, da die Wirkung sonst abgeschwächt werden kann. Beispielsweise: Magenschutztabletten, Schilddrüsentabletten, Parkinson-Medikamente.

Schilddrüsen-Medikamente können nach aktuellem Forschungsstand auch unabhängig vom Ramadan abends kurz vor dem Schlafengehen eingenommen werden, wenn 1 Stunde zuvor nichts gegessen wurde.

Medikamente 2x am Tag:

Vorsichtiger müssen alle sein, die 2x Mal am Tag Medikamente einnehmen. Bei Medikamenten, deren Abstand zu kurz geraten, kann man eine Überdosierung befürchten. Ebenso kann ein zu langer Abstand Nebenwirkungen verursachen. Denn der Mindestabstand von den meisten Medikamenten beträgt 6 Stunden – einige sogar noch länger. Beispielsweise Epilepsiekranke müssen darauf achten, dass der Medikamentenspiegel nicht sinkt, sonst würde sich die Krampfschwelle erhöhen.

Wichtiger Tipp: Medikamente nicht selbstständig umändern und auch nicht weglassen! Denn Medikamente sind für eure Gesundheit da und sollen euch nicht in Gefahrensituationen bringen. Gerne könnt ihr es mit eurem Arzt/-in besprechen oder euch von Apotheker/-innen beraten lassen. Auch sollten die Packungsbeilagen und die Empfehlungen gelesen werden. Nur eine gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Patient/-in, Arzt/-in und Apotheker/-in kann zu einer besseren Gesundheit verhelfen.

Medikamente 3x am Tag und mehr:

Hier wird das Fasten schon sehr schwierig. Wer dennoch unbedingt fasten möchte muss sich schon vor Ramadan ärztlichen Rat einholen und über eine Umstellung der Medikamenteneinnahme sprechen. Keine eigenständigen Änderungen vornehmen. Man kann gemeinsam mit dem Arzt überlegen ob man auf retardierte Medikamente zurückgreift, die zum Beispiel eine Wirkung bis 12 Stunden oder haben. Ein Beispiel wären z.B. Schmerzmittel.

Einfluss des Fastens auf Medikamente

Das Fasten beeinträchtigt die Wirkung von Medikamenten nicht. Weder kommt es zur Abschwächung der Medikamente noch zur Verstärkung. Eine Ausnahme kann bei Diabetes Medikamenten sein (s.u.).

Welche Medikamente kann ich während der Fastenzeit nutzen?

Alljährlich bekommen wir Ärzt/-innen und Apotheker/-innen auch diese Frage gestellt. Aber auch Imame werden mit diesen Fragen konfrontiert, obwohl sie das nötige medizinische Wissen nicht haben. Wir haben zwar keine Berechtigung um Rechtsgutachten (Fatwa) auszusprechen, haben uns aber dafür mit meinem Vater Ahmet Karakaş ausgetauscht, welcher Gelehrter ist und die Idschaza hat Fatwa auszusprechen. Hier ist eine Zusammenfassung über Medikamente, welche Fastende nutzen können und welche nicht.

Augentropfen – Ja, da sie eine lokale Wirkung ausüben.

Nasensprays – Ja, wenn eine lokale Wirkung gewährleistet ist. Wenn es sehr tief in die Nase verabreicht wird, kann es passieren, dass das Medikament in den Nasen-Rachenraum gleitet und damit in Richtung Speiseröhre ihren Weg nimmt und somit das Fasten gebrochen wird.

Asthmasprays oder Sprays bei chronischer Bronchitis – Nein. Es gibt viele Gelehrte die die Nutzung erlauben, weil sie das medizinische Wissen nicht haben. Wir verweisen auf das Nutzen der Sprays in der Zeit zwischen Iftar und Sahur – insbesondere für die Personen, die es regelmäßig morgens und abends zu festen Uhrzeiten nutzen. Warum? Diese Sprays wirken grundsätzlich nicht lokal, d.h. sie wirken nicht nur in der Lunge. Wir wissen aus medizinischer Sicht, dass sogar der größte Teil (70%!) des Inhalts während der Inhalation in den Magen-Darm-Trakt wandert (siehe unteres Bild). Das ist auch der Grund, warum einige Menschen mit cortisonhaltigen Sprays einen Pilzbefall in der Speiseröhre bekommen können. Alle, die es im Notfall nutzen (z.B. im akuten Asthmaanfall) gilt die selbe Regelung wie bei oraler Medikamenteneinnahme: den Tag der Nutzung Nachfasten.

Zäpfchen, Klistiere – Ja, wenn es zum Abführen oder gegen eine Entzündung im Darm genutzt wird, da es lokal wirkt. Alle andere Medikamente wie z.B. Schmerzmittel verteilen sich im gesamten Körper aus.

Spritzen (subcutan, intramusculär) – Ja. Insbesondere, wenn man dazu verpflichtet ist und es nicht aufschiebbar ist (Insulin, Schmerzspritze, Rheumamedikamente, Impfung). Deshalb beantwortet sich vielleicht auch eure Frage, ob ihr zur Covid-Pandemie während der Fastenzeit euch impfen lassen könnt – gerade weil die Termine sehr knapp und die Wartezeiten zum Teil sehr lang sind, sollte man es nicht verschieben und darf sich nach eindeutiger Mehrheit der muslimischen Gelehrten impfen lasen. Die Impfung wird selbst nicht als Ernährung angesehen. Mehr zu Covid-Impfung zur Fastenzeit könnt ihr hier nachlesen. Allerdings kann es bei Vitaminpräparaten problematisch werden, da sie zu den Nahrungsergänzungsmitteln gehören.

Umgang mit Diabetes Medikamenten

Aus den Studien und Literatur wissen wir, dass folgende Antidiabetika ein geringes Hypoglykämierisiko (Unterzuckerungsrisiko) haben und deshalb eine Dosisanpassung nicht notwendig sein muss:

  • Biguanide wie Metformin
  • Glinide wie Starlix, Novonorm
  • Glitazone wie Actos, Avandia
  • DPP-4-Hemmer (Gliptine) wie Januvia
  • SGLT-2-Hemmer (Gliflozine) wie Jardiance, Forxiga
  • GLP-1-Analoga (Inkretine) wie Victoza, Trulicity

Wichtig: Alle Patienten müssen individuell mit ihren Vorerkrankungen und ihren Kombinationspräparaten berücksichtigt werden, sodass eine Dosisanpassung notwendig sein kann. Hierfür raten wir euch unbedingt ärztlichen Rat einzuholen (idealerweise Diabetolog:in) oder mit der Apotheker/-in des Vertrauens Rücksprache zu halten.

Hohes Risiko für eine Hypogykämie (Unterzuckerung) besteht bei folgenden Präparaten, sodass eine Dosis-Anpassung oder Umstellung erfolgen muss:

  • Insuline
  • Sulfonlyharnstoffe (Glimeperid) wie Amaryl

Auch hier raten wir euch möglichst Rücksprache mit eurem Diabetiker/-in zu halten. Mehr zu Diabetes beim Fasten erfährt ihr hier.

Ein weiterer schöner Artikel zum Thema Medikamente im Ramadan: “Arzneimittel im Fasten-Monat Ramadan”

Lest gerne meine weiteren Ramadan Beiträge:

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